036841 26-0 info[at]reha-schleusingen.de                                                       

„Wir sind bisher gut weggekommen“

 

Es gab Corona-Fälle in der Stiftung Rehazentrum Thüringer Wald, doch bisher ist alles glimpflich abgelaufen. An den Folgen der Pandemie wird aber auch sie noch einige Zeit zu knabbern haben.

Schleusingen-Die Stiftung Rehabilitationszentrum Thüringer Wald ist bisher gut durch die Corona-Krise gekommen. Stiftungsvorstand Kai Michaelis lächelt. Er sieht erleichtert aus. Erleichtert sicherlich auch, weil es in seinen Häusern „sehr wenige schwere Verläufe“ gegeben hatte. Er konkretisiert: „Vier Mitarbeiter hatte es so schwer getroffen, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten. Zwei sind noch krank- einer davon mindestens bis Ende Februar. Jünger als ich, ein Naturmensch.“ Er zieht die Stirn kraus: Man wisse nie, wen es trifft….

Entsprechend groß war die Angst davor, Corona im Haus zu haben. Sie konnten Erfahrungen sammeln. Mittlerweile war das Virus in fast allen Häusern. Nur das Haus an der Nahe, in dem 36 Menschen wohnen, war und ist Corona-frei.

Doch es habe Situationen gegeben, die irgendwie schon brenzlig waren:

Vor Weihnachten ist im Haus am Eichenhof in Schleusingen, in dem Menschen mit geistiger Behinderung untergebracht sind, Corona ausgebrochen. „Einer hatte leichte Erkältungssymptome. Daraufhin haben wir getestet“, erzählt Kai Michaelis. Schnell stand fest, dass 24 Klienten und dazu eine Handvoll Mitarbeiter infiziert waren. „Man könnte sagen, dass wir bei 95 Prozent der positiv Getesteten gar nicht gemerkt hätten, dass sie sich infiziert hatten.“

Kai Michaelis spricht davon, dass bei den Klienten leichte Verläufe an der Tagesordnung waren. Einige Mitarbeiter hingegen hatten mit schweren Verläufen zu kämpfen.

Zum Glück hat nun die Impf-Zeit begonnen. Impfen sei wichtig. „Aber man hätte schon viel früher den Schwerpunkt darauflegen, Impfstoff organisieren, mit den Vorbereitungen beginnen und werben müssen“, kritisiert Michaelis. Er weiß aus Erfahrung-auch aus dem eigenen Haus, dass die Akzeptanz mit jeder neuen Verordnung, die erlassen wird, sinkt. Auch die Akzeptanz für das Tragen der Maske werde sinken. In der Stiftung Rehabilitationszentrum Thüringer Wald wird strikt darauf geachtet, dass die Hygieneregeln eingehalten werden. „Anfangs hatte ich meine Bedenken, dass sich die behinderten Menschen nicht so an die Regeln halten. Doch ich habe gelernt: In vielen Fällen sind sie vorbildlicher als die Mitarbeiter.“ Die Hygiene hat Wirkung gezeigt: Andere Viruserkrankungen habe es bisher so gut wie keine gegeben. „Ich denke, wir müssen lernen, mit dem Virus und den Hygieneregeln zu leben“, sagt Michaelis. Dennoch wünscht er sich Sicherheit. Und die verspricht er sich vom Impfen. Deshalb werde derzeit alles vorbereitet, um gerüstet zu sein für den Tag X. „Wir haben erfasst, wie viele Mitarbeiter sich impfen lassen würden. Es sind mehr als die Hälfte. Auch bei den Klienten sind wir gerade dabei zu schauen, wer impfwillig ist.“

Michaelis hofft auf ein mobiles Impfen in seinem Haus- so, wie es in Pflegeheimen des Landkreises praktiziert wurde und wird. Sollte das kommen, sind alle Vorkehrungen getroffen. Längst gestartet ist die Test-Phase. Seit Ende Dezember wird im Reha-Zentrum regelmäßig getestet. Mit finanzieller Hilfe des Landes, hieß es im Dezember. „Wir haben daraufhin ein Test-Konzept erarbeitet-und das Gesundheitsamt des Kreises hat dieses sehr zügig bearbeitet und genehmigt. Unsere Mitarbeiter sind von Fachpersonal geschult worden-und am 21.Dezember ging´s los.“ 5000 geförderte Tests könne das Rehazentrum pro Monat nutzen. „Unsere Mitarbeiter müssen sich zweimal pro Woche testen lassen. Klienten können dies tun- bei Bedarf und wenn es Sinn ergibt.“ Getestet werde beispielweise, nachdem Klienten zu Hause waren- und einige Tage zurück sind, erklärte Kai Michaelis.

Das Rehazentrum ist ausgestattet mit Tests. Etliche Kartons stehen in Michaelis´ Büro. Was noch nicht da ist, das ist das verauslagte Geld. „Es sollte unbürokratisch abgerechnet werden sollen“, sagt er fast ein wenig resignierend und fügt an: „Das ist beileibe nicht so. Wir haben alles vorfinanziert, doch viel länger können wir das nicht mehr! “ „Es scheitert schlicht und einfach an der Abrechnung, die so kompliziert gestaltet ist, dass sie nicht funktioniert.“ Eine Unwägbarkeit, mit der sich sicherlich nicht nur die Stiftung herumschlagen muss.

Blickt er zurück aufs vergangene Jahr, haben sich für ihn vor allem die Klienten betreffend einige Probleme aufgetan, die es nun für die Zukunft zu lösen gilt. Da wäre beispielsweise der Fakt, dass es derzeit für all jene, die in den Werkstätten arbeiten, keine Möglichkeit gibt, Kurzarbeitergeld zu beantragen. „Die Werkstatt in Oberrod beispielsweise war während der ersten Lockdown-Phase im März und April geschlossen“, erzählt Michaelis. Die Ertragsschwankungsrücklage, ein Notgroschen für schlechte Zeiten, um den Klienten Lohn zu zahlen können, wurde geschröpft. „Nach den zwei Schließmonaten war die Rücklage komplett aufgebraucht. Zum Glück konnten wir danach wieder öffnen…“ Auch über Weihnachten war noch einmal geschlossen. Corona-bedingt. Am 4.Januar ging´s jedoch weiter. Mitarbeiter hatten Bedenken. Und auch Michaelis wusste: Es gibt ein Restrisiko. „Doch wir haben geschaut, wie wir Essenszeiten entzerren können, Begegnungen minimieren, haben zusätzliche Raucherinseln geschaffen. Und ich klopfe auf Holz: In der Werkstatt gab es keinen weiteren Fall.“ Aufatmen. Doch was passiert, wenn die Werkstatt doch wieder länger geschlossen werden muss? Bekommen die Klienten dann kein Geld mehr? Michaelis weiß, dass es hier dringenden Regulierungsbedarf gibt- und er wird dranbleiben! Wie sich die Corona-Zeit auf den Wirtschaftsbetrieb der Werkstätten auswirkt, bleibt abzuwarten. Einen Knick gab´s im vergangenen Wirtschaftsjahr (September bis August) schon. Und der zweite Lockdown wirkt sich in diesem aus. Nachwirkungen allerdings werden auch im nächsten Wirtschaftsjahr, das im September beginnt, zu spüren sein. Deshalb ist die Stiftung zurzeit noch vorsichtiger mit Investitionen. Die sechsstellige Summe, die für die Dachsanierung der Werkstatt in Oberrod geplant war, ist jedenfalls auf Eis gelegt. Aber: „Wir bleiben flexibel!“ Etwas Positives hatte die Corona-Zeit aber auch: Im Rehazentrum sind alle Stellen besetzt. Es gebe sogar eine kleine Warteliste, bestätigt Kai Michaelis. Allein im vergangenen Jahr hatte es 47 Neueinstellungen gegeben- von Heilerziehungs-

bis hin zu Krankenpflegern. Etwas über 30 Mitarbeiter hatten die Stiftung verlassen- darunter auch solche, die in die Rente gegangen sind.

Dennoch: Normalität braucht´s in der Stiftung „endlich mal wieder. Darauf hoffen wir nun jeden Tag.“

 

Die Stiftung Rehabilitationszentrum Thüringer Wald

Mitarbeiter und Klienten

Zurzeit sind unter dem Dach der Stiftung Rehabilitationszentrum Thüringer Wald etwa 260 Mitarbeiter beschäftigt. 450 behinderte Menschen werden betreut- hauptsächlich an den Standorten Schleusingen und Suhl. Die Klienten arbeiten in den Schleusinger Reha- Werkstätten, werden gefördert im Haus Domino in Suhl (Regionales Förderzentrum) oder vom Integrationsfachdienst. Mit dem Haus Bienenkorb in Schleusingen gehört auch ein Kinderheim zur Stiftung.

Von Berufsorientierung zur Ausbildung

Eine individuell an die Beeinträchtigungen der jungen Menschen angepasste Ausbildung bietet das Rehazentrum an. In sieben verschiedenen Bereichen – Holz, Metall, Büro/Verwaltung, Lager, Gartenbau/Zierpflanzenbau, Gastronomie und Hauswirtschaft -werden die Auszubildenden während der zwei- und dreijährigen dualen Ausbildung von Fachpersonal begleitet.

 

Teilhabezentrum in Schleusingen

Mitten in der Pandemie-Zeit, im Oktober 2020, hat die Stiftung in Schleusingen ein Teilhabezentrum eröffnet. Dort können sich Klienten treffen und Hilfe fürs Leben holen.

Lindenschule nun im Herzen Schleusingens

Die Lindenschule ist umgezogen. Seit Oktober ist sie, die ursprünglich in Rappelsdorf zu finden war, allerdings dort aus allen Nähten platzte, im ehemaligen Alumnat des Hennebergischen Gymnasium zu finden. 45 Kinder und Jugendliche lernen in dieser staatlichen anerkannten Schule mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung.

Auf dem Weg in die Zukunft

Die Stiftung geht mit der Zeit. Oder besser: Sie fährt mit der Zeit. Denn seit etwa zwei Jahren stehen im Fuhrpark zwei Elektrofahrzeuge. Eine E-Ladesäule gibt es bereits, eine zweite soll bis zum späten Frühjahr stehen, genau wie Lademöglichkeiten für E-Bikes. Solche sollen als Diensträder angeschafft werden. Und damit nicht genug. Michaelis denkt weiter: Irgendwann müssen auch Dieselbusse aus dem Fuhrpark ersetzt werden. Wenn es dann Elektrovarianten gäbe, dann seien diese eine Überlegung wert.

Von Katja Wollschläger